Mitgegeben auf den Weg

16. September 2023
Superintendent Ottomar Fricke

Neulich habe ich gelernt, dass wir in der Westwindzone leben. Das ist eine Zone zwi­schen dem 40. und 60. Breitengrad (wir woh­nen bei un­ge­fähr 51 Grad), also mit­ten drin. Darüber habe ich nie nachgedacht. Es ist eben so. Na und?

Das bedeutet jedoch, dass bei uns West­win­de vorherrschen. Wir haben zwar im­mer West­wind, aber mei­stens. Und das wie­der­um be­deu­tet: Der Wind ist lan­ge über dem Meer un­ter­wegs ge­we­sen, ehe er hier an­kommt. Dadurch haben wir hier gute Be­din­gun­gen zum Le­ben. Denn während er über das Meer weht, nimmt die Luft Feuchtigkeit auf.  So wer­den Wol­ken vom Meer her in Rich­tung Osten ge­pu­stet. Und da­mit kommt die Feuch­tig­keit zu uns.

Außerdem hat der Wind, der so lan­ge über dem Meer war, er auch die gemäßigten Temperaturen von dort mitgebracht. Mild, ohne gro­ße Tem­pe­ra­tur­sprün­ge.

Klar, manchm­al gibt es auch Nord­wind. Oder Ost­wind. Mein Va­ter sag­te im Win­ter im­mer, wenn es Ost­wind gab: Jetzt wird es kalt - denn dann kommt die troc­ke­ne Luft, die sich über hun­der­te von Ki­lo­me­tern aus Russ­land und an­ders­wo zu uns auf den Weg ge­macht hat. Sie ist über Land un­ter­wegs ge­we­sen - ohne den Tem­pe­ra­tur­aus­gleich des Mee­res. Das kann sehr kalt (im Win­ter) und sehr warm (im Som­mer) sein.

War­um ich Ih­nen das er­zäh­le? Wir sind hier ja nicht im Erd­kun­de­un­ter­richt.

Ich fin­de, wir ha­ben es hier gut ge­trof­fen mit der West­winddrift. Doch das merke ich nur, wenn ich darüber nachdenke. Meistens halte ich Din­ge wie den Wind für selbst­ver­ständ­lich – und beachte es nicht weiter.

Wenn ich es denn doch merke, dann nehme ich mir vor: ich möch­te ger­ne bewusst das wahrnehmen, was unspektakulär normal scheint.  

Ich möch­te üben, dank­bar zu sein für die alltäglichen Wun­der des Le­bens - und da­für, dass Gott sie uns zur Ver­fü­gung stellt, auch wenn wir sie nicht wahr­neh­men.

Ich bin si­cher, da gibt es viel mehr als die West­winddrift.

Üb­ri­gens war das die Mo­ti­va­ti­on da­für, dass die Schöp­fungs­ge­schich­ten (es ste­hen ja meh­re­re in der Bi­bel=) auf­ge­schrie­ben wur­den. Das Ziel war es nicht, na­tur­wis­sen­schaft­lich kor­rekt zu er­klä­ren, wie die Welt ent­stan­den ist. Das Ziel war, die Au­gen zu öf­fnen für das Wun­der, das wir le­ben kön­nen und uns am Le­ben freu­en kön­nen. Weil es eben gut ist. Ja, so­gar sehr gut ist.

Superintendent Ottomar Fricke, Kirchenkreis Walsrode

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