Bestimmte Kampfsportarten setzen harte Schienbeine voraus. Wer in einem
„Vollkontaktsport“ vorwärts kommen will, muss sich um die Abhärtung
seiner Beinknochen bemühen. Ein Knochen festigt sich durch
Beanspruchung; durch Nichtbeanspruchung degeneriert er. Die Athleten
treten gegen Sandsäcke und gepolsterte Pfosten, in Thailand sogar gegen
die Stämme von Bananenstauden.
Wer im Leben vorwärts kommen will, muss – in gewisser Weise – ebenfalls
abgehärtet werden. Der Ratschlag „Schonen Sie sich“ ist da wenig
hilfreich. Reife entsteht durch bewältigte Herausforderungen, nicht
durchs Nichtstun. Selbst ein gepfeffertes Scheitern trägt mehr aus als
ein lauwarmes Sich-Abfinden. Manchmal sind es die Hindernisse der
eigenen Gedanken, die überwunden werden müssen. Da mischen sich Gutes
und Schlechtes: wir sind großherzig und eitel, hilfsbereit und bequem.
Die Überwindung des schlechteren Teils ist eine Aufgabe für das ganze
Leben – weglaufen kann man vor ihr nicht.
„Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit
Gutem“, heißt es im Neuen Testament. Hierin steckt die Weisheit, dass
das Gute manchmal erst durch Prüfung und Läuterung hindurch muss, um
wirklich gut zu werden. Der Philosoph Friedrich Schelling hat den Satz
geprägt: „Ein Gutes, wenn es nicht ein überwundenes Böses in sich trägt,
ist kein lebendiges Gutes.“
Gereifte Persönlichkeiten haben viele Kämpfe mit sich selbst
durchgestanden. Alles laufen zu lassen, um sich zu schonen, ist kein
lohnendes Ziel.
Sören Bein, Pastor in Bomlitz