„Gedanken zur Zeit" - Das tut man nicht

Nachricht 26. November 2014

Neulich hörte ich jemanden sagen: „Das tut man nicht!" Und ich fragte mich: Wer oder was ist das eigentlich, dies kleine „man", das so harmlos und selbstverständlich daher kommt: „Das tut man nicht." „Das sagt man nicht." „Man sollte öfter mal ..." „Man weiß ja schließlich, was sich gehört." „Den sollte man mal kräftig..."
Ich höre solche Sätze von Erwachsenen und manchmal auch aus dem Radio – und habe dann schnell das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. Und mir fällt auf, dass ich solch ein „man" noch nie aus dem Mund eines Kindes gehört habe. Kinder kennen dieses „man" offenbar nicht, während es bei manchen Erwachsenen in jedem zweiten oder dritten Satz vorkommt.
Dieses kleine „man" scheint schlau und mächtig zu sein, denn es weiß immer und in jedem Augenblick, was „man" tun und lassen, sagen und denken sollte. Doch was hat das mit mir zu tun? Ich bin zwar ein Mann, aber ich bin nicht „man". Und doch merke ich, wie dies kleine Wort mich manchmal unter Druck setzt, so als hätte ich etwas falsch gemacht oder gesagt. Das kleine „man" ist gefährlich, weil es mein Denken und Handeln bestimmen will. „Das tut man nicht!" klingt dann schnell wie ein Vorwurf oder wie ein Befehl, etwas anders zu machen.
Und dann erkannte ich plötzlich, dass dieses kleine „man" sich immer dann in meine Sätze schiebt, wenn ich mich nicht traue, „Ich" zu sagen. Wenn ich „Ich" sage und die Verantwortung für das übernehme, was ich sage und was ich tue, bleibt für das „man" kein Platz mehr, es hat keinen Platz mehr in dem, was ich sage.

Wilfried Niggeloh

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