Das Steilwandzelt liegt immer noch im Keller. Seit Jahren schon und seit Jahren nicht mehr genutzt. Gut verpackt, jedoch seit Jahren nicht mehr in Gebrauch. Und wo sind eigentlich die Abspannseile und Heringe hin gekommen? Damals an der englischen Nordseeküste haben sie gute Dienste getan. Vier Tage Regen und Sturm zerrten nicht allein an ihnen, sondern auch an den Nerven. Also dann: das Zelt abbrechen und dort wieder aufschlagen, wo die Sonne scheint. Quer über die Insel, an die andere Küste. Ein warmer Sommerabend. Doch mit der Dunkelheit kamen die Mücken in Scharen. Sie kamen jeden Abend und sie kamen überallhin; zerstachen die Abendstimmung, raubten den Schlaf. Wiederum also: das Zelt abbrechen und aufbrechen. Urlaub mit dem Zelt macht das leicht möglich. Gibt es nicht noch einen besseren Platz? Kälte und Hitze, Sonne und Sturm, Sternenhimmel und Mondschein, Donnergrollen und Blitzezucken sind intensiv zu spüren. Eine Zelthaut bietet Schutz und man ist doch inmitten der Mächte der Natur; ist ausgesetzt und fasziniert. Die Bibel hat auch dafür Worte und Bilder – Psalm 104: „Herr, mein Gott, wie groß du bist! Den Himmel spannst du aus wie ein Zeltdach. Du hast den Mond gemacht, um die Zeit zu teilen; die Sonne weiß, wann sie untergehen muß. Schickst du die Dunkelheit so wird es Nacht und die Tiere im Dickicht regen sich“. Ja, die Mücken regten sich auch, sie regten sich sehr, sie regten auf; damals an Westküste. Gibt es nicht noch einen besseren Platz? Oh ja, es gab ihn. Also: das Zelt abbrechen und aufbrechen, weiterziehen und sich niederlassen. Als dort die Sonne unterging, der Mond schien und die Sterne funkelten, da gab es auch Wein, der froh und Brot das stark macht und viel, viel zu erzählen. Gibt es noch einen besseren Platz? Oh ja, es gibt ihn. „Ach, denk ich, bist du hier so schön und läßt du’s uns so lieblich gehn auf dieser armen Erden: was will doch wohl nach dieser Welt dort in dem reichen Himmelszelt und güldnen Schlosse werden!“
Werner Schäfer, Pastor Stadtkirchengemeinde Walsrode