„Gedanken zur Zeit"

Nachricht 05. September 2016

Weltalphabetisierungstag

Am kommenden Donnerstag, den 8. September, ist der „Weltalphabetisierungstag“. Das ist der Tag, an dem die UNESCO in jedem Jahr daran erinnert, dass noch immer knapp ein Fünftel aller Menschen über 15 Jahren nicht lesen und schreiben kann. Ein Fünftel. Erschreckend. Oder?
Natürlich kann man auch ohne Lesen und Schreiben glücklich sein, aber mal ehrlich: Ohne diese Kenntnisse ist man doch von vielen wesentlichen Dingen ausgeschlossen. Beschriftungen auf Medikamenten, Briefe, Zeitung, Internet, Literatur. Man kann nicht mal eine Bahnfahrkarte am Automaten kaufen. Gut, das fällt auch Akademikern inzwischen schwer, aber es ist doch ein eingeschränktes Dasein. Wenn ich mir vorstelle, ich hätte all die Romane und Bücher, die meinen Horizont erweitert haben, nicht lesen können – ich wäre heute ein anderer Mensch.
Wer mitbekommt, wie Kinder das Reich der Buchstaben erobern und sich dann begeistert in die neuen Welten stürzen, die sich ihnen offenbaren, der weiß, dass es sich lohnt, lesen und schreiben zu lernen.
Auch wenn manche Schulanfänger  über die vielen Buchstaben ganz schön stöhnen.
Ich weiß nicht, ob man Glauben mit Lesen und Schreiben vergleichen kann. Eigentlich schon. Glauben ist am Anfang nämlich auch total herausfordernd. So viele Fragen, Zeichen und Symbole. Aber wenn man die Zusammenhänge nach und nach versteht, dann eröffnen sich auf einmal unfassbare neuen Perspektiven für das Leben. Wer das noch nicht gewagt hat, mag erstaunt den Kopf schütteln – wie ein Analphabet vor einem Buch. Doch wer den Glauben „lernt“, betritt eine andere Welt, die seinen Horizont erweitert.

Ute Hülsmann, Pastorin in Gilten
 

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