„Mitgegeben auf den Weg"

Nachricht 21. Juli 2017

Vorurteilsfrei?

Es ist Samstag ca 22.30 Uhr die Treppen zur U-Bahn sind überfüllt. Da nehmen wir drei Frauen doch lieber den Fahrstuhl. Kurz bevor die Türen sich schließen steigen drei Männer ein – offensichtlich Fussballfans. Sie kommen vom DFB Pokal Finale und ihr Verein hat verloren. Mir ist die Enge im Fahrstuhl nicht geheuer. Aber damit nicht genug, meine Begleitung schaut die Männer an und sagt: „Na, verloren?!“  Bevor ich mich von meinem Schock erholt habe, schiebt sie hinter her: „Da habt ihr wohl nicht genug gebetet?“ Mit bleibt fast das Herz stehen, soviel Provokation auf engen Raum. Mein Entsetzen muss mir im Gesicht gestanden haben, denn einer der Männer schaut mich freundlich an und sagt: „Man keine Sorge, wir sehen nur schlimm aus. Wir tun nichts – wir sind ganz harmlos!“  Ich werde ziemlich klein laut und fühle mich ertappt. Denn obwohl diese Begegnung während des Kirchentages in Berlin stattfindet, ich also die letzen Tage viel über mich, mein Verhalten und meine Beziehung zu Gott nachgedacht habe, bin ich zielsicher in die Vorurteilsfalle gelaufen. Ich habe Äußerlichkeiten gesehen und meine Schlüsse daraus gezogen. Fussballfan + verlorenes Spiel= Gefahr.   „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat“ (Römer 15,7) so steht es in der Bibel. Christus hat eine Menge Leute angenommen: Blinde, Lahme, Prostituierte, Zöllner, Bettler… Menschen, über die andere mit Sicherheit auch ihre Vorurteile hatte. Doch Jesus hat getan, was uns heute oft schwer fällt: Er hat diese Vorurteile abprallen lassen und sich immer an den Menschen selbst orientiert. Er hat hinter die Fassaden geschaut, in das Innere eines Menschen. Wir als seine Nachfolger können nur versuchen, genauso zu handeln. Ob wir das schaffen, das weiß ich nicht, aber wir sollten es versuchen – immer wieder!

Mareike Kranz, Diakonin in Bomlitz und Dorfmark

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