Mathematik: mangelhaft
Heute gibt es wieder für hunderte von Schülern Zeugnisse. Fürmanche Schüler und Eltern gibt es da vielleicht auch die eine oder andere Überraschung. Mein Sohn hat mir schon mal so ganz „nebenbei“ in einem entspannten Augenblick am Wochenende seine zu erwartenden Noten mitgeteilt. Er hat es vorgezogen die abzusehende nicht ganz so erfolgreiche Mathenote schon mal anzukündigen.Obwohl es über 40 Jahre her ist, kann ich mich noch sehr gut an meine eigeneSchulzeit erinnern und an mein mulmiges Gefühl im Bauch, mit dem ich am Zeugnistag nach Hause kam.Meinem Sohn möchte ich dieses Gefühl ersparen. Als Vater schaue ich mir deshalb erst mal die guten Noten an und würdige den Erfolg, auch wenn es die „Zwei“ in Sport, Religion oder Kunst ist. Und auch eine „Drei“ ist dabei auch lobenswert! Als mein Sohn mal trotz Anstrengungen über eine sehr schwache Mathenote verzweifelt war, habe ich kurzerhand meine alten Schul- zeugnisse aus der hintersten Ecke einer Schublade hervorgekramt. .Es waren da mehrheitlich eherdurchschnittliche , ausreichende aber auch hier und da mangelhafte Beurteilungen ( damals noch handschriftlich ) dokumentiert. BeimAnblick dieser Zeugnisse muss ichheute noch schlucken. Meinem Sohnwollte ich damit den Druck nehmen.Heute muss ich als Lehrer selber Noten erteilen. Häufig erlebe ich Schüler mit einem enormen Druck und Optimierungsanspruch. Da wird eine „Zwei oder Drei“ schon als persönliche Niederlage betrachtet. Verbunden ist dieser Druck oft mit einem Verlust, sich selber realistisch einschätzen zu können.Bei beidem sollten Eltern und Lehrer achtsam gegenlenken. Und wir sollten immer wieder darauf hinweisen und es die jungen Menschen spüren lassen, dass das wertvolle und liebenswerte eines Menschen, nicht von seiner Leistung und seiner Schulnote abhängt. „Du warst in Mathe auch keine Leuchte“ , sagte mein Sohn ganz trocken, und deshalb kommen meine alten Zeugnisse auch wieder zurück in dieSchublade.
Jörg Sbrisny, Schulpastor BBS Walsrode