„Gedanken zur Zeit"

18. April 2018

Bitte lächeln!

„Alle bitte – Cheese!“ rief seinerzeit ein Fotograf der Hochzeitsgesellschaft zu. Warum „Cheese“? Etwa weil`s Englisch ist und Fremdwörter nun mal beliebt sind? Zugegeben, das deutsche Wort wäre „Käse“ gewesen, für manchen nicht gerade einladend. Wo doch diese festlich gestimmte Schar danach strebte, schleunigst von ihrem wackligen Podest heruntergeben und in warme Gastlichkeit geladen zu werden.
Nein, Cheese gibt einen schönen Mund, zaubert ein Lächeln ins Gesicht und bringt die Zähne zum Vorschein. Man kann solch ein Cheese-Lächeln jederzeit im Fernsehen bestaunen, Make-up und Kosmetik im Dauerzustand.
Spötter sagen: Die beste Art, seinem Gegner die Zähne zu zeigen, sei ein Lächeln! Nein, sage ich: Der kürzeste Weg zwischen Menschen, die sich fremd sind und mit Worten nicht verständigen können, ist – das Lächeln! Denn das kann Brücken schlagen, Vertrauen schaffen, Vereinsamung überwinden, Angst abbauen und aus Verlegenheit lösen.
Plötzlich ist alles wie verzaubert: Augen leuchten auf, ein Strahlen wandert übers Gesicht, verborgene Schönheit kommt zum Vorschein. Wie viel Glück wird dort erschlossen, wo das Lächeln nicht erfroren bleibt. Beseligt ist die Mutter, wenn ihr Kind sie erstmals anlächelt. Und oft glaubt man sogar, auf dem Gesicht eines Sterbenden ein Lächeln zu entdecken. Wie wenn dadurch das nun abgeschlossene Leben noch einmal dankbar in Glanz getaucht würde und seine besten Seiten zur Geltung bringen dürfte.

Friedrich-Wilhelm Stock, Superintendent i.R.

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