Mitgegeben auf den Weg

26. Mai 2018

„Der Anfang hier war sehr schwer. Ich konnte kein Deutsch und war ganz alleine“, erzählt Nesrin. Dabei lacht sie mich fröhlich an. Nesrin ist 60 Jahre alt, unverheiratet, modisch gekleidet. Sie stammt aus dem Iran. Dort hat sie studiert, Karriere gemacht. Zuletzt war sie Buchhalterin in einer Firma. Aber sie engagierte sich auch politisch. Den Einschränkungen durch die Regierung wollte sie sich nicht beugen. Dann erfuhr ihre Familie, dass Nesrin verhaftet werden sollte. Die Familie half ihr, aus dem Land zu kommen. Sie landete in Deutschland.
„Das war hart, hier ganz neu anzufangen, mit wenig Geld, ohne Freunde und Familie“, berichtet sie. Geholfen hat ihr ein Deutschkurs, der in der Kirchengemeinde stattfand. „Wir haben immer mit Teetrinken begonnen, das war schön“, sagt Nesrin. „Menschen aus ganz verschiedenen Ländern waren dabei, aus Nepal, Afghanistan, dem Kosovo oder Ghana. Es war schon lustig: Die einen konnten Englisch oder Französisch, die anderen nur ihre Muttersprache. Aber irgendwie haben wir uns verständigt und gemeinsam Deutsch gelernt.“
Inzwischen ist der Asylantrag durch, Nesrin hat das Bleiberecht bekommen. In der Kirchengemeinde hilft sie in der Kleiderkammer mit. Und wenn es ein Fest gibt, dann kocht sie auch mal Polo, ein persisches Reisgericht. „Ich habe so viel Gutes von lieben Menschen erfahren habe. Ich möchte etwas wiedergeben.“ Auch die christlichen Gottesdienste besucht Nesrin ab und an. Ob sie überlegt, ihren Glauben zu wechseln? Nesrin schweigt, dann lächelt sie mich an und sagt: „Es gibt doch nur einen Gott. Ich bin dankbar, weil er Liebe in diese Welt gibt durch viele Menschen. Er hat mir neue Hoffnung gegeben.“

Sven Quittkat ist bei der Diakonie in Niedersachsen zuständig für Öffentlichkeitsarbeit und diakonische Theologie

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