Mitgegeben auf den Weg

02. Juni 2018

Regenbogen

Einige Wochen sind vergangen seit unserer letzten Begegnung. Inzwischen ist etwas Unglaubliches geschehen: in der Brust meines Gegenübers schlägt nun das Herz eines anderen Menschen.
Bewegt erzählt Herr B., was in den Wochen seit meinem letzten Besuch passiert ist. Ihn beschäftigt die Frage, wer der Mensch war, dem er sein Herz verdankt. Dann zeigt er mir ein Foto auf seinem Handy. Er hat es kurz vor dem Anruf mit dem Organangebot aus Hannover aufgenommen. Ein Regenbogen spannt sich darauf über die Klinik. Ungewöhnlich kräftig leuchtet er in allen Farben und teilt den Himmel in ein Darüber und ein Darunter. Darüber ist es sehr dunkel, fast schwarz. Darunter ist der Himmel deutlich heller, blau leuchtend, mit Wolken, hellen und dunklen.
Das Foto auf seinem Handy ist für Herrn B. ein Bild für das, was ihm und einem anderen, unbekannten Menschen an diesem Tag widerfahren ist. Die hellen und die dunklen Wolken, sein Leben und das Leben des Menschen, das in diesen Momenten zu Ende gegangen sein musste - beide Lebensläufe traten in diesen Stunden miteinander in Beziehung.
Über allem leuchtet der Regenbogen. In der Bibel ist er nach der Sintflut das sichtbare Zeichen für Gottes Versprechen, seiner Schöpfung treu zu sein.
Er steht für mich über dem Leben und Sterben des Menschen, der an diesem Tag sein Leben verlor. Und er steht über dem Leben von Herrn B., der nun voller Dankbarkeit mit dem Herz eines anderen weiter leben kann.

Pastorin Silke Meisner, Klinik Fallingbostel

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