Mitgegeben auf den Weg

01. September 2018

Meine Hühner und Chemnitz

In der vergangenen Woche habe ich in einigen Klassen von meinen Hühnern
erzählt: Aus Rücksicht auf meine Nachbarn gibt es bei mir im Hühnerstall keinen Hahn.
Deshalb regeln sie die Hackordnung untereinander. Es geht dabei ziemlich rücksichtslos zur Sache. Einmal wurde ein junges Huhn so heftig traktiert, dass es fast eingegangen wäre. Nach ca. 2 Wochen aber hat sich das Zusammenleben geregelt. Es ist klar welches Huhn zuerst ans Futter darf und so funktioniert das Miteinander recht friedlich. Manchmal hocken sie sogar zu dritt im Nest, um ein Ei zu legen...
Auch Hühner werden alt oder krank und dann muss ich neue Junghühner dazukaufen. Schlagartig ist der Friede im Hühnerstall vorbei. Es wird wieder gemobbt und gehackt...
An dieser Stelle frage ich die Schüler, welche Hühner sich ihrer Meinung nach besonders aggressiv
verhalten. Die Hühner, die in der Hackordnung oben stehen oder ganz unten? Meistens kommen sie
direkt auf die richtige Antwort: Das Huhn, dass selber fast mal am Mobbing eingegangen wäre, ist
besonders aggressiv gegenüber den Neuankömmlingen....
Die Schüler ziehen dann den Bogen zu eigenen Erfahrungen: Mobbing und meist verbale Gewalt
gegenüber denen, die neu und als Fremde in unser Land kommen. Alltäglicher Rassismus geschieht nicht nur Chemnitz. Fast jeder Schüler mit ausländischen Wurzeln kann davon berichten...
und auch unter den Migranten gibt es Ausgrenzung und Rassismus...
Die Hühner sind dumm, sagte eine Schülerin. Und die Menschen auch, ergänzte eine andere. So dumm sind meine Hühner gar nicht, denke ich, auch wenn ihr Gehirn nur so groß wie eine Walnuss ist.
Der Unterschied zu uns Menschen ist aber, dass Hühner keine Moral, oder Ethik haben. Da fehlt ihnen etwas...

Jörg Sbrisny, Schulpastor BBS Walsrode

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