Gedanken zur Zeit

22. Mai 2019

Sie ist Anfang dreißig, verheiratet undhat zwei Kinder, 10 und 8 Jahre alt. Seit ihrem letzten Arztbesuch vor drei Wochen ist sie verunsichert. Sie meinte zu beobachten, dass die Ärztin etwas länger und genauer beider Untersuchung auf den Monitor schaute.Schließlich sagte sie mit ruhiger Stimme, dass da etwas zu sehen sei, was sie gerne abklären lassen möchte. Deshalb gibt sie ihr eine Überweisung zu einem Facharzt mit. Es gäbe noch keinen Grund zur Sorge...
Die junge Frau trifft es trotzdem wie ein Schlag. Sie ist erstmal sprachlos. Erst als sieallein im Auto sitzt, fallen ihr tausend Fragen ein.  Sie wiederholt die Worte der Ärztin und fragt sich, was das zu bedeuten hat: Gutartige Wucherungen, Ablagerungen, dunkle Stellen...noch kein Befund für einen Tumor...ein Gedankenkarussell beginnt: Ich bindoch noch jung...das kann doch nicht sein...ich fühle mich nicht krank ...meine Kinder brauchen mich doch noch...nein,nicht gleich das Schlimmste denken...und wenn, dann gibt es ja auch nochHeilungschancen....Sie hat nicht viel Zeit zum Grübeln. Gleichkommen die Kinder aus der Schule. Sie will sich nichts anmerken lassen. Einkaufen, Essen kochen, Hausaufgaben...das Leben geht schließlich weiter....Das alles erzählte sie mir am Telefon.
Auch ich war erschrocken, wollte es mir nicht anmerken lassen. Deshalb hörte ich einfach zu. Ich wusste ehrlich gesagt auch nicht, was ich hätte sagen sollen:
Auf keinenFall so etwas wie „es wird schon nicht so schlimm sein.“
Was, wenn es dann doch schlimm ist? Hoffnung machen, die sich nicht erfüllt, ist billiger Trost. Aber ganz ohne Hoffnung auf die nächsten Untersuchungenwarten ist auch nicht gut auszuhalten.Inzwischen gab es den Termin beim Facharzt. Weitere Untersuchungen sind nötig....Und die Frage nach der Hoffnung hat sie sich selber beantwortet: Es gibt keine Alternative zum Hoffnung haben.

Pastor Jörg Sbrisny, Schulpastor an den BBS Walsrode