Gedanken zur Zeit

20. Juni 2019

Johannes oder die Erfindung der Taufe

Am Toten Meer gab es zur Zeit Jesu ein Kloster, das vor 75 Jahren berühmt wurde: Qumran. Es war von der Sekte der Essener bewohnt, die eine große Bibliothek zusammengebracht hatten. Als die Römer im Jahr 68 heranrückten, um die Anlage zu belagern, evakuierten die Mönche ihre Schriften in schwer zugängliche Höhlen oberhalb des Klosters. Dort wurden sie Ende der 40 Jahre gefunden. Der berühmteste Fund war die Jesaja-Rolle, der älteste vollständig erhaltene Teil der Bibel.
In Qumran gab es auch mehrere Tauchbäder, eins davon besichtigt jede Reisegruppe: ein Becken, vielleicht 2x3 Meter groß und anderthalb Meter tief mit zwei Treppen. Das Bad diente nicht der körperlichen, sondern der seelischen Hygiene. Wer hineinstieg, wusch seine Sünden ab und stieg auf der anderen Treppe als neuer Mensch wieder nach oben. Die Essener haben die Taufe erfunden.
Einer der Mönche wollte diese Reinigung nicht exklusiv auf die Ordensbrüder beschränken. Er verließ das Kloster und zog ans Nordende des Toten Meeres zur Jordan-Furt, wo der Weg von Jerusalem nach Jericho etwas später den Fluss kreuzt. Dort predigte er und lud die Menschen ein, sich taufen und ihre Sünden abwaschen zu lassen: mit großem Erfolg. Auch Jesus ließ sich von ihm taufen, und er übergab diesen Ritus an seine eigenen Jünger.
Johannes war der Name dieses Mönchs, der den Christen die Taufe vermittelt hat. Seine Geburt war, wie man später erzählte, durch einen Engel angekündigt, der sechs Monate später auch die Geburt Jesu ankündigte. Darum liegt der Johannes-Tag genau ein halbes Jahr vor dem Geburtstag Jesu: immer am 24. Juni. Das war vorgestern, - und seitdem gehen wir wieder auf Weihnachten zu.

Peter v. Baggo, Pastor i.R., Bierde

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