Auf Nummer Sicher gehen?
Die Schule ist aus, der Stress hat ein Ende und die Bücher können in die Ecke gestellt werden. Jetzt kann das Leben beginnen, die Welt steht einem offen. Ich mag mich ja täuschen, aber von Aufbruchstimmung bei den Abiturienten und Schülern ist so richtig nichts zu spüren. Ja, es ist schön, etwas geschafft zu haben, aber für große Lebensträume gibt es in der Welt keinen Platz. Was soll ich werden? Wohin mich orientieren? Was lohnt sich heute zu studieren? Alles Fragen, bei denen es einem ganz mulmig werden kann. Ich will am liebsten schon jetzt wissen, was ich in 10 Jahren verdienen werde. Berufsfindung und Lebensplanung ist eine Frage der vernünftigen Entscheidung geworden. Nicht, was mich interessiert oder wozu ich Talent habe ist entscheidend, sondern was sicher zu etwas führt, das ist angesagt. Auf Nummer Sicher gehen heißt die Devise.
Ich finde das schade. Seit wann lassen sich Hoffnungen auf ein sinnvolles und erfülltes Leben mit einer Kosten-Nutzen-Rechnung zum Schweigen bringen? Sie begleiten unser ganzes Leben. Zum Glück läuft auch das beste geplante Leben nicht einfach so, wie es sollte. Immer wieder gibt es unerwartete Hürden und neue Herausforderungen. Gott nötigt uns, so gesehen, nach neuen Wegen Ausschau zu halten und den Aufbruch zu wagen. Die Bibel ist voll von solchen Geschichten. Von Abraham heißt es zum Beispiel, dass Gott ihm gesagt hat: „Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will.“ Vernünftig war Abraham nicht, als er sich auf diese Verheißung Gottes einlässt, und eine Garantie für sein Leben konnte ihm auch keiner geben. Was ihn hat aufbrechen lassen, stelle ich mir vor, waren seine Träume nach einem ganz anderen Leben, die wieder zum Vorschein kamen als Gott ihn anspricht. Und das Vertrauen darauf, dass Gott mit ihm ist, auf diesem Weg. Auf Nummer Sicher geht Abraham jedenfalls nicht. Abraham gibt uns ein anderes Motto mit auf den Weg: „Vertraut den neuen Wegen und wandert in die Zeit! Gott will, dass ihr ein Segen für seine Erde seid.“
Herbert Seevers, Pastor in Walsrode