Mitgegeben auf den Weg

21. März 2020
Pastor Sven Quittkat

Das Bild machte sich in meinem Handy auf und ließ mich nicht mehr los. Ein Junge und ein Mädchen, beide vielleicht zehn Jahre alt, abgetragene Kleidung, ernster Gesichtsausdruck, die Mundwinkel nach unten gezogen. Sie sitzen nebeneinander auf einer Mauer, irgendwo auf Lesbos. Ihre schwarzen Augen blicken in die Ferne, so als wenn sie Ausschau halten nach Zukunft.
Was haben diese beiden wohl schon alles erlebt? Bombenangriffe, Tote, die Flucht aus Syrien, gekaufte Überfahrt im Schlauchboot bis nach Griechenland. Und nun geht es nicht weiter. Sackgasse, Endstation Lesbos. Keine Aussicht auf ein Ankommen in einem sicheren Haus, auf einen Schulbesuch, auf geregelte Mahlzeiten, sicheres und friedliches Einschlafen im eigenen Bett. Ob ihre Eltern noch leben? Ich weiß es nicht. Aber in ihren Gesichtern steht all das geschrieben, was sie nicht hatten an unbeschwerten Kindertagen, an Lachen und Spielen in Freiheit und ohne Angst.
Wir können noch viel diskutieren über europäische Lösungen für Flüchtlinge, wer sich wann und mit wem bewegen muss. Es ist längst zu viel aufgeschoben und zu wenig gehandelt worden. Wer es wagt, geflüchteten Menschen ins Gesicht zu schauen, wird wissen was zu tun ist. Menschlich und christlich ist, Bedürftigen die Hilfe nicht zu verweigern. Gerade in diesen Zeiten brauchen auch die auf Lesbos Gestrandeten jetzt schnell eine bessere hygienische und medizinische Versorgung. Wir erleben gerade, wie das „Bleiben Sie gesund“ zum wichtigsten Wunsch wird. Auch uns könnte es schnell genauso gehen, dass wir auf helfende Hände angewiesen sind.

Pastor Sven Quittkat arbeitet bei der Diakonie in Niedersachsen

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