Mitgegeben auf den Weg

08. November 2025

In Zeiten von Livestreams, Reels und endlosen Kommentarspalten scheint Reden weniger Gespräch als „Auftritt“ zu sein: Reichweite zählt, der Algorithmus belohnt das Lauteste, jedes Wort kann zum Screenshot werden und in Sekunden viral gehen. Wer öffentlich spricht – vom Gemeindesaal bis zur Timeline – prüft Tonfall, Bildausschnitt, Hashtags und die eigene Außenwirkung. Oft gewinnt man den Eindruck: Der Schein drängt das Sein an den Rand. So, heißt es, funktioniere nun einmal die Medienwelt.
Gerade deshalb tut ein alter Satz gut: „Siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, Herr, nicht schon wüsstest“, heißt es in einem Psalm. Was für eine erfrischend andere Sichtweise! Am Ende kommt es auf unsere Wirkung nach außen gar nicht an! Denn hinter unserer Fassade steckt ein Mensch, der schon lange durchschaut ist. Wer wir wirklich sind, das weiß Gott schon lange. Im Licht der Öffentlichkeit und auch privat.
„Es ist kein Wort, das du nicht schon wüsstest.“ Dieser Gedanke ist alles andere als selbstverständlich, man muss ihn einmal richtig auf sich wirken lassen: Bevor meine Reden meine Zunge verlassen haben, bevor sich die Worte in meinem Mund zu Sprache geformt haben, ja bevor ich überhaupt meine Gedanken darauf richten kann, wie ich etwas angemessen formulieren soll – ist alles schon bei Gott bekannt. Wüsste ich nicht, dass Gott die Liebe ist, müsste ich mich geradezu bespitzelt fühlen.    
So aber gibt mir Gottes Liebe meine innere Ruhe zurück. Denn ich kann mich vor ihm nicht verstellen. Ich darf mich darauf verlassen, dass mein Wesen bei ihm in guten Händen ist. Vormachen gilt nicht. Hierbei zählt allein Ehrlichkeit.

Pastor Sören Bein, Kirchengemeinde Bomlitz

Übersicht „Andachten"