„Gedanken zur Zeit"

Nachricht 18. September 2016

„Die Zeit heilt alle Wunden“, sagt der Volksmund.

Und er hat insofern recht:
Mancher Schicksalsschlag, der uns anfangs völlig aus der Bahn zu werfen droht, verliert mit der Zeit an Gewicht. Auch wenn der Schmerz über das Geschehene vielleicht nie ganz aufhört, können wir aus einem gewissen Abstand heraus wieder eine sinnvolle Lebensperspektive für uns entdecken.
Aber die Zeit heilt nicht nur Wunden, sie kann im Gegenteil auch zu Erstarrung und Verhärtung führen.
Da ist es in einer Familie zum Streit gekommen. Ein Wort gab das andere, und plötzlich redet man nicht mehr miteinander und bricht jeden Kontakt zueinander ab. Und je länger das andauert, desto tiefer werden die Gräben, und es wird immer schwieriger wieder zusammenzufinden.
Es gehört zu meinen Aufgaben als Krankenhausseelsorgerin, schwerkranke Patienten zu begleiten. Und es tut mir immer besonders  leid, wenn Menschen sterben, die keinen Kontakt mehr zu ihren Kindern oder engen Verwandten haben.
Im 4. Kapitel des Epheserbriefs
findet sich die Mahnung:
„Lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.“  Man kann diese Worte ganz wörtlich verstehen: Versöhnt euch bevor ihr zu Bett geht, damit ihr einen Streit nicht mit in die Nacht und den neuen Tag nehmt.
Aber auch allgemeiner: Sucht die schnelle Versöhnung, bevor sich ein Ärger tief einbrennen kann. Denn die Zeit heilt eben nicht alle Wunden.

Maike Becker-Petzold, Pastorin am Heidekreis - Klinikum Walsrode

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