Mitgegeben auf den Weg

09. März 2024

„Ooh, wie süüß!“ Das ist die natürliche Reaktion, wenn wir ein Lamm sehen. Lämmer sind knuddelig, völlig ungefährlich und ohne jeden Argwohn, lammfromm sozusagen. Lamm und Unschuld gehören zusammen.
Der Mensch dagegen ist kein Unschuldslamm. „Hast du etwa von den verbotenen Früchten gegessen?“, fragt Gott Adam, der sich vor Gott versteckt. Statt die Frage wahrheitsgemäß mit Ja zu beantworten, schiebt er die Schuld weiter: „Die Frau, die du mir an die Seite gestellt hast, gab mir davon; da habe ich gegessen.“
Die Bibel erzählt auf den ersten Seiten, wie das Schuldverschieben begann. Auch Eva schiebt die Schuld weiter: „Die Schlange ist schuld, sie hat mich zum Essen verführt!“ So geht das Schuldverschieben bis zum heutigen Tage weiter, denn der Mensch erträgt es nicht, selbst schuld zu sein. Deshalb sucht er nach einem Sündenbock. Bis heute funktionieren Gruppen und Gesellschaften nach diesem Muster, man muss nur etwas genauer hinschauen. Dieser problematische „Lösungsweg“ stammt aus alttestamentlicher Zeit. Bereits vor rund 3000 Jahren legte der Priester am jüdischen Versöhnungstag einem Ziegenbock die Hände auf, sprach die Sünden des Volkes Israel über dem Tier aus und legt sie ihm damit auf. Dieser Bock wurde anschließend in die Wüste gejagt, wo er starb. So trug er die Sünde weg vom Volk. Dieses Ritual hat Johannes der Täufer vor Augen, wenn er in Joh 1,29 sagt: „Siehe, das ist Gottes Lamm, das die Sünde der Welt wegträgt“ und Jesus damit als den wahren Sündenbock deutet.
Sein Blut bringt den Teufelskreis des Schuldverschiebens zum Stillstand und überwindet alle gottfeindlichen Mächte. Dieser Sieg wird nicht durch militärische Überlegenheit errungen, sondern durch die freiwillige Selbsthingabe des Lammes.

Pastor Matthias Hülsmann, Dozent am Religionspädagogischen Institut in Loccum

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