„Gedanken zur Zeit" - Begegnung

Nachricht 10. Februar 2015
inawelzel150
Ina Welzel, Pastorin an der Klinik Fallingbostel

Es ist morgens. Gerade bin ich in die Klinik gekommen und treffe eine Patientin, die ich von der Andacht kenne und mit der ich schon einige Male gesprochen habe. Ich weiß, dass sie sich sehr um ihren Mann sorgt. Auch heute gibt es Grund dazu. Zusammen geht dieses Ehepaar einen langen und schweren Weg.
Dann erzählt sie von einem Zettel, den sie sich eingerahmt und aufgehängt hat. Die Nachbarin hatte ihn in den Mülleimer geworfen. Als sie den Deckel hob fiel ihr Blick auf die Worte: „Ich danke dir, Gott, für deine Treue und Gnade, dass du mir gabst Mut und große Kraft.“ So las sie. „Und wissen Sie“, sagt sie zu mir, „ich glaube, ich habe Mut und große Kraft. Es ist ja nur ein einfacher Kalenderspruch. Aber manchmal nehme ich ihn in die Hand, und dann ist mir als ob über die Arme Kraft in mich hineinfließt. Bisschen komisch, nicht? Aber so ist mir dann…“.
Ich nehme dieses Gespräch mit in den Tag, und der Spruch geht mir nicht aus dem Sinn. Es ist wahr. Mut und große Kraft hat man nicht einfach in unendlicher Fülle, über die man beliebig verfügen könnte. Mut und Kraft habe ich immer dann gehabt, wenn ich sie brauchte und immer so viel, wie ich jetzt gerade brauchte. Nicht verdient und nicht auf Vorrat. Und ich will darauf hoffen, dass das auch in der Zukunft so sein wird. In den schweren Zeiten, die sicherlich irgendwann kommen werden in meinem Leben, möchte ich danken können und die Hände ausbreiten, um mir Mut und große Kraft schenken zu lassen. Gebe Gott mir dazu das Vertrauen.
Nein, dieser Kalenderspruch gehört nicht in den Müll. Ich lege ihn in mein inneres Schatzkästchen, um mich in dunklen Zeiten an Gottes Treue und Gnade zu erinnern.
Ich muss lächeln und sage halblaut: „Du hast schon manchmal merkwürdige Wege zu trösten…“.

Ina Welzel, Pastorin an der Klinik Fallingbostel
 

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