„Gedanken zur Zeit" - Das Ende der Endlösung

Nachricht 27. Januar 2015

Gestern vor 70 Jahren wurde das Vernichtungslager Auschwitz durch die Rote Armee befreit. Dieser Tag steht für den Holocaust und für das Ende dessen, was damals „die Endlösung der Judenfrage“ hieß. Vor der „drohenden Verjudung Deutschlands“ wollte Hitler unser Volk bewahren, doch der Erfinder dieses Worts war der gefeierte Komponist Richard Wagner. Die Idee allerdings geisterte schon seit Jahrhunderten durch die Köpfe und trieb bisweilen unglaubliche Blüten: Der Aachener Dominikaner Ludwig Greinemann behauptete 1778 in einer Predigt, Pontius Pilatus, Herodes und Judas Ischariot seien Mitglieder einer Freimaurerloge gewesen, die die Ermordung Jesu betrieben habe.
Seine Zutaten fand ein solches Wahn-Gebräu zu allen Zeiten. Juden wurden oft verfolgt und verloren ihre gesamte Habe. Aber schon nach wenigen Jahren ging es ihnen wieder erstaunlich gut. Folge einer Verschwörung? Nein, sondern einer gegenseitigen Hilfsbereitschaft unter Verfolgten. Und eine Folge von Verbindungen in andere Länder, in die bei früheren Verfolgungen Verwandte geflohen waren. Die zweite Zutat: die Juden versuchten, ihre Religion zu leben, die hebräischen Schriften zu lesen, das Passafest zu feiern; aus der Sicht der Umwelt umgaben sie sich mit Geheimnis und Undurchschaubarkeit. Die dritte Zutat: die relativ hilflose Lage derer, die diesem Wahn Glauben schenkten: in den Juden hatten sie einen Sündenbock für ihre diffusen Nöte und Ängste gefunden.
Und nun setze man an die Stelle der „drohenden Verjudung“ die „drohende Islamisierung“…

Peter v. Baggo, Pastor i.R., Bierde

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