„Mitgegeben auf den Weg"

Nachricht 29. Mai 2015

Fronleichnam – Demo für unseren Glauben

Demonstrationen sind in unserem Staat etwas Selbstverständliches. Menschen gehen hinaus auf die Straße und bringen oft lautstark, manchmal aber auch still und leise ihre Meinung und ihren Willen zum Ausdruck.
Am Fronleichnamstag oder am darauffolgenden Sonntag demonstrieren auch wir kath. Christen. Wir treten aus den Mauern unserer Kirche hinaus auf die Straßen der Stadt. Und auch wir bedienen uns Instrumente, um gesehen und gehört zu werden – wir sind laut und auch leise zugleich!
Wir tragen Jesus Christus in der Gestalt einer Brotscheibe in der Monstranz, wir breiten einen Himmel über ihm aus, wir singen und beten und lassen uns von Bläsern begleiten. Aber es ist keine Demonstration, um irgendwelche Forderungen in die Öffentlichkeit zu tragen oder gar auf irgendjemand Druck auszuüben. Nein, wir treten aus dem Kirchenraum heraus in die Lebenswirklichkeit unseres Ortes, um den zu zeigen, der uns Segen und Heil verheißen hat und der uns zugesagt hat: »Seid gewiss, ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt!« (Mt 28,20).
Wir gehen in geordneter und friedlicher Prozession, um Jesus Christus in unseren Alltag hineinzutragen. Wir bedienen uns der Instrumente, um zu zeigen und auch um zu sagen, um es hinauszurufen, dass wir Menschen nicht alleine gelassen sind, sondern dass uns Gott selber durch die Menschheitsgeschichte nicht vergessen und verlassen hat. So wie Gott einst mit seinem auserwählten Volk Israel durch die Wüste gegangen ist und es mit seinem Wort und dem Manna gestärkt hat, so setzt sich seine Heilsgeschichte bis heute ins Jahr 2015 fort, indem der Herr mit uns geht und unter uns wohnt, uns stärkt mit seinem Wort und mit seinem Brot. Wie das Volk Israel leben auch wir heute nicht vom Brot allein. Wir leben auch nicht nur von unserem Geld, unseren technischen und digitalen Möglichkeiten, von Spaß und Unterhaltung oder unserer Selbst-bestimmung. Das alles macht unser Leben wohl angenehm, aber es trägt uns letztlich nicht, es gibt uns nicht den Sinn und den Lebensinhalt, den wir für uns ersehnen oder den wir uns wünschen. Auch der moderne Mensch heute braucht ein Mehr.
Ein Mehr, das nicht im Warenangebot einer Kaufhauskette, in den Regalen der High-Tech-Läden oder im Internet zu finden ist. Gerade der moderne Mensch braucht auch heute noch solche Zusagen und Verheißungen wie das Volk Israel damals. Indem wir auf die Straßen gehen und für ihn demonstrieren, zeigen wir, dass er mitten in unserem Alltag ist, wo wir Sorgen mit uns selber und unseren Kindern haben.
Er ist mitten unter uns, wo uns Leid und Krankheit fesseln, und dort, wo wir Heil und Hoffnung erfahren. Er ist bei uns, wo der Tod und die Trauer uns überfallen, wo neues Leben geboren wird und zwischenmenschliche Beziehungen unser Leben bereichern und erfüllen. Mitten im Alltag ist er gegenwärtig und schenkt uns Luft zum Atmen und Kraft zum Leben.

Christoph Müller, kath. Pfarrer in Walsrode, Bad Fallingbostel, Bomlitz-Bendefeld u. Visselhövede
 

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