Gedanken zur Zeit

24. Oktober 2018

Bei Würstchen und Kartoffelsalat denken viele Menschen sofort an Heiligabend. Eine Pfirsichbowle schmeckt für manche nach einem lauen Sommerabend. Und Milchreis mit Zucker und Zimt beamt mich direkt in meine Kindheit zurück. „Geschmackserinnerungen" nennt Andreas Hartmann dieses Phänomen. Er lehrt Völkerkunde an der Uni Münster. Für seine Forschung mit „Geschmackserinnerungen“ befragt er Menschen, die mit einem bestimmten Geschmack sofort ein Lebensgefühl oder eine Person in Verbindung bringen.
In einer Geschichte aus Lateinamerika spielt so eine „Geschmackserinnerung" eine große Rolle. Es geht dabei um einen armen Familienvater. Der muss seine Familie verlassen, weil er in der Stadt Arbeit suchen will. Zum Abschied holt er seine Familie an den Tisch und sagt: „Sobald ich Arbeit und eine Wohnung habe, komme ich euch holen.“ Er würde seiner Familie gerne ein kleines Andenken da lassen. Doch dafür fehlt ihm das Geld. Darum holt er ein Stück Brot und bricht jedem davon ein Stück ab. „Das wird uns helfen, auch wenn wir weit voneinander weg sind“, sagt er. „Immer wenn ihr um diesen Tisch sitzt und Brot esst, und immer wenn ich in der Stadt sitze und ein Stück Brot esse, dann denken wir aneinander.“ Seit diesem Tag hat Brot für die Familie einen ganz neuen Geschmack.
Ich finde, diese Geschichte hat Ähnlichkeit mit unserem Abendmahl. Wir Christen denken in unseren Gottesdiensten an das Letzte Abendmahl, das Jesus mit seinen Jüngern gefeiert hat. Und auch da ist Brot mehr als nur ein Lebensmittel. Es ist eine „Geschmackserinnerung" der ganz besonderen Art.

Claus van Veldhuizen, Pastor in Kirchboitzen

 

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