Mitgegeben auf den Weg

22. September 2018

Ich gieng einmal spatieren

…das ist der Titel eines Konzertes, das vergangenen Sonntag in der Kloster-Kapelle gespielt wurde. Der Cembalist Gösta Funck trug den „Variationszyklus“ von Hans Leo Hassler (1564-1612) vor, ein Thema, das „31 mal verendert“ wurde. Noch etwas altertümlich geschrieben ist schon der Titel des Themas anregend. Nicht Aufregendes, Spannendes erwarte ich hier, sondern die ruhevolle Betrachtung meiner Umgebung. Dies kann in der Stadt geschehen, wo ich beim Flanieren Menschen und ihr Tun beobachten kann. Erst als geschäftiges Treiben wahrgenommen, wird es in der genauen Beobachtung zum Handeln Einzelner. Ich schaue achtsam hin und das bunte Treiben wird zu einer einzelnen Aktion, einem persönlichen Geschehen. Gehe ich in der Natur spazieren, betrachte ich die Umgebung, nehme die Farben mit dem vorherrschenden Grün und Blau wahr, und wenn ich genauer hinsehe, beobachte ich die einzelne Pflanze, entdecke die kleinen Insekten. Die Wiese besteht dann nicht mehr aus Gras, sondern aus Spitzwegerich, Ampfer, Hirtentäschl und Kamille, in denen sich Marienkäfer, Kreuzspinne, Kartoffelkäfer und was nicht alles tummeln. Und all dies will erhalten und geschützt sein. Bewahrung der Schöpfung ist hier das Ziel. Beides, die Achtsamkeit und die Bewahrung der Schöpfung sind seit je fest im Christentum verankert, gehören als Nächstenliebe zum tiefen Grund des christlichen Glaubens. Jeder Spaziergang, ob nun das Flanieren in der Stadt oder der Gang durch die Natur, kann das in sich tragen, mindestens „31 mal verendert“.

Frau Dr. Sigrid Vierck, Äbtissin im Kloster Walsrode

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