Gedanken zur Zeit

18. September 2019
Pastor_Hülsmann_2014
Pastor Hülsmann

Kennen Sie das noch? Eltern und Kinder sitzen harmonisch vereint um den Mittagstisch. Die Kartoffeln dampfen in der Schüssel, der Braten duftet. In die erwartungsvolle Stille hinein sagt der Vater „Guten Appetit!“ Die Kartoffeln wandern von einem zum anderen, ebenso das Fleisch. Und das muntere Klappern des Bestecks wird nur unterbrochen durch ein angeregtes Gespräch. Und nacheinander erzählt jeder, was er erlebt hat, in der Schule oder bei der Arbeit.
Sie kennen das? Rufen Sie mich an! Und verraten Sie mir den Trick, wie Sie das geschafft haben. Meine Erfahrung sieht irgendwie anders an. Etwa so: Die Kartoffeln dampfen in der Schüssel. Die Eltern sitzen schon am Tisch. Die kleinen Kinder waschen sich noch widerwillig die Hände. Bevor der Vater „Guten Appetit!“ sagen kann, fällt bereits ein „Das mag ich nicht!“, gefolgt von einem „Die hat aber ein viel größeres Stück!“ und einem „Für Euch koch ich nie wieder!“ Der Streit endet erst, wenn der Nachtisch auf den Tisch kommt. Die Mahlzeit endet wie die Speisung der Fünftausend: „Und sie sammelten die Brocken auf, zwölf Körbe voll.“
Das kennen Sie? Das beruhigt mich.

Es gibt noch eine dritte Möglichkeit:

Fragt der Vater, während er auf die dampfenden Kartoffeln schaut: „Wollen wir vielleicht vorher beten…?“
Fragt der Sohn zurück: „Wie?? … Ist was mit dem Essen??!!“
Soviel zum Thema Tischgebet.

Ich finde das tatsächlich wichtig. Es ist eben nicht selbstverständlich, dass überhaupt Kartoffeln in der Schüssel sind. Die kommen nämlich nicht von Aldi, auch nicht vom Bauern, denn das Wachsen und Vermehren bleibt trotz aller Gentechnik ein Geheimnis.
Man kann das Tischgebet zwar als religiösen Abwehrzauber gegen verseuchtes Essen verstehen. Aber es macht eigentlich etwas anderes deutlich: Alle guten Gaben kommen von Gott. Dafür können wir ihm nur danken. Darum ist jedes Tischgebet ein kleines Erntedankfest.

Gesegnete Mahlzeit wünscht

Matthias Hülsmann, Pastor in Loccum

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