Gedanken zur Zeit

30. Oktober 2019

„Die Letzen werden die Ersten sein“ – „Total gut“, strahlt Tom. Das ist mal ein Satz aus der Bibel, der ihm aus dem Herzen spricht. Tom geht in die 8. Klasse einer Förderschule. Was es heißt, zu den “Letzten“ zu gehören, hat er oft genug am eigenen Leib erfahren: Spott, Hänseleien, dumme Bemerkungen von anderen Kindern – und oft auch von Erwachsenen. Kaum jemand fragt danach, was er gut kann und gerne tut. Und dass er freundlich und hilfsbereit ist, zählt auch nicht wirklich. „Die Letzten werden die Ersten sein …“- „Das möchte ich auch mal erleben“, seufzt Tom.
„Die Ersten werden die Letzten sein …“ – „Was soll das denn?“, stöhnt  Laura. Sie hat gerade ihr Abschlusszeugnis bekommen: Klassenbeste – super! In den Schoß gefallen ist ihr das auch nicht. Manch langen Nachmittag hat sie am Schreibtisch gesessen und musste sich dann oft noch die Sticheleien der Anderen anhören. Aber jetzt hat sich die Mühe ja wohl doch gelohnt. „Die Ersten werden die Letzten sein“ – „Ich glaub‘, ich spinne“, schimpft Laura.
Es kommt auf die eigene Perspektive an, ob dieser Satz von den Ersten und den Letzten Begeisterung oder Empörung auslöst. Zu denen auf der Verliererseite möchte niemand gehören, die Angst davor ist wohl tief in uns verwurzelt. Wie erfrischend, dass Jesus schon vor über 2000 Jahren unsere menschlichen Vorstellungen von den „Ersten“ und den „Letzten“ auf den Kopf gestellt hat und deutlich gemacht hat, bei Gott muss niemand leer ausgehen. Wie gut, dass Martin Luther uns vor 500 Jahren daran erinnert hat, dass bei Gott jeder Mensch gleich wichtig ist, wir uns seine Liebe und Anerkennung nicht erarbeiten müssen, dass er nicht darauf schaut, was jemand hat oder leistet. Höchste Zeit, dass wir heute danach leben.  Das wäre echte Reformation.

Pastorin im Ehrenamt Sabine Half aus der Kirchengemeinde Eickeloh

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