Gedanken zur Zeit

11. November 2020
Pastor Thorben Bernhardt

„Das wirst du büßen!“

Eigentlich wäre das eine schöne Prophezeiung. Klingt vielleicht komisch, weil Buße sehr aus der Mode gekommen ist. Als Kind habe ich dabei an Menschen gedacht, die sich im Nachthemd Asche auf den Kopf kippen. Dabei meint es ursprünglich etwas anderes. Es bedeutet für einen Moment mal alle Selbsttäuschung beiseiteschieben und ganz ernsthaft auf das Leben schauen. Mal einen Moment lang feststellen, was schiefläuft. Sich nicht selbst zur Schau stellen, sondern sich klein machen und still werden.

Das ist auch etwas, was aus der Mode gekommen ist. Jeder muss immer alles können, alles verstehen, für alles eine Lösung kennen, selbst Experte sein. Ob es um Klima geht, um Gesundheit und, was das beste in Corona-Zeiten ist, oder darum, wo das neue Heidekreisklinikum gebaut wird, jeder muss Experte sein, am besten Bescheid wissen.

Heute ist Buß- und Bettag. Dieser Tag lädt dazu ein, die eigenen Grenzen festzuhalten und in den Mittelpunkt der eigenen Aufmerksamkeit zu stellen. Dabei geht es nicht darum, zu verzweifeln oder sich schlecht zu fühlen. Stattdessen gebe ich all das an Gott weiter. Ich vertraue mich dem an, der größer ist als ich. Und das ist eine wundervolle Erfahrung: Es ist in Ordnung, dass meine Fähigkeiten ihre Grenzen haben, dass ich nicht alles kann oder weiß. Denn überall dort darf ich mich auf Gott verlassen und nicht auf mich selbst. Ich darf vertrauen und mich tragen lassen. Heute darf ich mich fragen: Was will ich büßen?

Pastor Thorben Bernhardt, Ev.-Luth. Kirchengemeinde Walsrode
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