Mitgegeben auf den Weg

20. Januar 2020
Pastorin Ute Hülsmann

Hinfallen, aufstehen, Krone richten, weitergehen

Ich drehe den großen Postkartenständer hin und her und gucke mir die vielen unterschiedlichen Karten an, die vor dem Geschäft ausgestellt sind. Eine Karte fällt mir sofort auf: „Hinfallen, aufstehen, Krone richten, weitergehen“ steht darauf.
Jeder kann mal hinfallen. Und natürlich versuche ich dann, wieder aufzustehen und weiterzugehen. Aber das „Krone richten“ gefällt mir besonders gut! Die Krone ist ein Zeichen dafür, dass ich wertvoll bin, ohne es mir verdienen zu müssen. Das ist keine neue Idee. In der biblischen Schöpfungsgeschichte wird berichtet, dass der Mensch als Gottes Ebenbild geschaffen worden ist. Diese uralte Erzählung ist ursprünglich für das Volk Israel geschrieben worden. Und das in einer Zeit, in der Israel tief in der Krise steckte.
Ihnen steckte die Niederlage noch in den Knochen, sie fühlten sich als Verlierer. Da hören sie plötzlich, dass der Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen worden ist. Der Begriff „Ebenbild Gottes“ war damals nur für den König reserviert, weil er als der Stellvertreter Gottes auf der Erde galt.
Und jetzt sagt die Schöpfungsgeschichte: Jeder Mensch ist ein Ebenbild Gottes. Jeder und jede hat Anspruch auf eine Krone! Diese Vorstellung finde ich sehr, sehr schön.  
Natürlich: Manchmal ist es gar nicht so leicht, die Krone bei einem Menschen zu finden. Es gibt Menschen, die sind gemein und hinterhältig, betrügen oder erniedrigen andere Menschen. Bei ihnen ist die Krone vielleicht ganz klein oder sie ist verrutscht oder zerbeult oder es ist ein Zacken herausgebrochen. Aber die Krone ist da – und zwar bei jedem Menschen!
Manchmal muss ich genauer hingucken. Auch bei mir selbst: Wenn mir im Alltag wieder die Geduld ausgeht. Wenn ich es wieder nicht geschafft habe, meinen Schreibtisch aufzuräumen und stattdessen vor dem Fernseher sitzengeblieben bin.  
Wenn ich morgens in den Spiegel blicke: Da ist irgendwo eine Krone, auch wenn ich das manchmal vergesse. Vielleicht klebe ich mir eine Krone auf den Spiegel, so dass es so aussieht, als hätte ich sie auf dem Kopf, wenn ich in den Spiegel gucke. Einfach nur so. Zur Erinnerung.

Ute Hülsmann, Pastorin in Gilten

Übersicht Andachten